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Neue Investitionen und Kooperationen

Ost-Ausschuss-Delegation in der kasachischen Hauptstadt Astana / Finanzierung, duale Berufsausbildung und Wassermanagement im Fokus


Vom 19. bis 22. Mai 2025 reisten rund 40 deutsche Unternehmerinnen und Unternehmer mit dem Ost-Ausschuss in die kasachische Hauptstadt Astana. Neben zahlreichen bilateralen Gesprächen nahm die Delegation an zwei zentralen wirtschaftspolitischen Foren teil. Deutschland ist Kasachstans wichtigster Handelspartner in der EU. Deutsche Firmen wie Linde, Heidelberg Materials, Claas, Horsch, Wika und Zollmann engagieren sich erfolgreich in Projekten wie Solaranlagen, Zementwerken und Maschinenbauanlagen.

16. Sitzung des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrates

Ein Höhepunkt der Reise war die 16. Sitzung des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrates. Hier kam die Delegation mit relevanten Ministerien, dem kasachischen Staatsfonds „Baiterek“ sowie führenden kasachischen Unternehmen zusammen. Roman Sklyar, Erster Vizepremier Kasachstans, betonte in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung des Wirtschaftsrats als Plattform für praxisnahe Lösungen. „Solche Treffen ermöglichen es, Positionen abzugleichen, drängende Fragen zu benennen und gemeinsame Pläne zu entwickeln. Es ist erfreulich, dass die Teilnehmerzahl wächst und die Agenda zunehmend anwendungsorientiert ist“, sagte Sklyar.

    Rustam Karagoyshin, Vorstandsvorsitzender von „Baiterek“, hob Deutschlands Rolle als strategischer Partner hervor. 2024 belegte Kasachstan Platz 43 unter den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands – mit einem Anteil von 83 Prozent am gesamten deutschen Handel mit Zentralasien. Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses, unterstrich anschließend die Ergebnisse des Treffens: „Sechs neue deutsch-kasachische Projekte in der verarbeitenden Industrie wurden heute vorgestellt – ein starkes Zeichen für den Erfolg dieser Plattform.“ Bei den Vorhaben geht es unter anderem um die energieeffizente Modernisierung von Wohngebäuden, die Verwertung von Altglas, Kunststoffabfällen und Lithium-Ionen-Batterien, die Herstellung von Waschrobotern sowie den Aufbau eines Montagewerkes für Getriebemotoren.

    43. Sitzung des Berliner Eurasischen Klubs

    Ein weiteres zentrales Forum war die Sitzung des Berliner Eurasischen Klubs (BEK), organisiert von der kasachischen Botschaft und dem Ost-Ausschuss. Der BEK fördert seit 2012 den Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aus Deutschland, Kasachstan und der EU. Die Sitzungen finden dreimal jährlich in Astana (Mai), Brüssel (Oktober) und Berlin (Dezember) statt. Im Fokus der 43. Sitzung standen die Zusammenarbeit im Bereich duale Berufsausbildung sowie innovative Lösungen im Wassersektor.

      In der ersten Podiumsdiskussion ging es um das „Jahr der Berufsbildung“ in Kasachstan. Der kasachische Vizebildungsminister Edil Ospan berichtete, dass das duale Ausbildungssystem bereits in 552 Colleges mit über 18.000 Unternehmen und mehr als 108.000 Auszubildenden verankert sei. Alexander Hochradel vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend betonte die Bereitschaft Deutschlands, das System gemeinsam weiterzuentwickeln und die Kooperation zwischen Betrieben und Bildungseinrichtungen zu stärken.

      Die zweite Diskussionsrunde widmete sich dem effizienten Umgang mit Wasser – ein zentrales Thema angesichts der Auswirkungen des Klimawandels. Deutsche Unternehmen bringen hier modernste Technologien und langjährige Erfahrung ein. Besonders eng ist die Zusammenarbeit mit dem Verband German Water Partnership, in dem über 300 deutsche Unternehmen aus der Wasserwirtschaft organisiert sind.

      Vladimir Nikitenko, Regionaldirektor für Zentralasien im Ost-Ausschuss

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      Kazakhstan Investment Day 2025: Neue Perspektiven für die kasachisch-deutsche Industriepartnerschaft

      Am 2. April 2025 fand in der AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft in Frankfurt der Kazakhstan Investment Day 2025 statt – eine spannende Gelegenheit zur Vertiefung der wirtschaftlichen und industriellen Zusammenarbeit zwischen Kasachstan und Deutschland. Mehr als 180 Teilnehmende aus Wirtschaft, Regierung, Finanzinstitutionen und Branchenverbänden folgten der Einladung des Ost-Ausschusses und weiterer Partnerorganisationen an den Main. Darunter befand sich auch eine hochrangige kasachische Delegation.
      Eröffnet wurde das Forum vom Hessischen Minister für internationale Zusammenarbeit Manfred Pentz, dem Ersten Stellvertretenden Premierminister der Republik Kasachstan Roman Sklyar, dem Stellvertretenden Außenminister Alibek Kuantyrov, dem kasachischen Botschafter in Berlin Nurlan Onzhanov sowie von Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft.

      Der Kazakhstan Investment Day 2025 diente als effektive Plattform zur Präsentation von Investitionsmöglichkeiten in Kasachstan, zum Erfahrungsaustausch und zur Koordination gemeinsamer Vorhaben in strategischen Schlüsselbranchen. Im Mittelpunkt des Forums standen drei strategische Themen, die die Agenda der bilateralen Zusammenarbeit langfristig prägen werden:

      Gemeinsame Rohstoffprojekte
      Ein zentrales Thema war die Finanzierung gemeinsamer Projekte. Diskutiert wurden verschiedene Förderinstrumente, darunter staatliche Investitionsgarantien, Exportkreditabsicherungen durch Euler Hermes, Finanzierungsmöglichkeiten über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie die Beteiligung des kasachischen Staatsfonds Baiterek, der eine zentrale Rolle bei der Förderung industrieller und innovativer Projekte in Kasachstan spielt.
      Zudem wurde das Interesse am deutschen Rohstofffonds unterstrichen. Die KfW wurde von der Bundesregierung damit beauftragt, bis zu einer Milliarden Euro in das Eigenkapital von Bergbau-, Verarbeitungs- und Recyclingunternehmen zu investieren Mit diesem sollen Projekte im In- und Ausland gefördert werden, die einen Beitrag zur Rohstoffversorgungssicherheit leisten und der Gewinnung, Verarbeitung und dem Recycling von kritischen Rohstoffen dienen. Der Fonds soll zur Diversifizierung deutscher Lieferquellen beitragen und Projekte in Zentralasien könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. In Kasachstan wäre beispielsweise die industrielle Verwertung großer, metallreicher Abraumhalden aus der Bergbauindustrie von Interesse. In Kasachstan lagern mehr als 60 Milliarden Tonnen solcher Abfälle, die seit der Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden sind. Der typische Investitionsrahmen des Fonds liegt zwischen 50 und 150 Millionen Euro – ein attraktives Potenzial für deutsch-kasachische Kooperationen.
      Kasachstan verfügt über eine herausragende Rohstoffbasis und ist derzeit in der Lage, 19 der 34 von der EU definierten kritischen Rohstoffe zu liefern – darunter Kupfer, Chrom, Titan, Phosphor, Beryllium, Tantal und Mangan.
      Die Diskussion unterstrich die Notwendigkeit langfristiger Offtake-Vereinbarungen, die stabile und planbare Lieferströme für die europäische Industrie gewährleisten. Die Unternehmen HMS Bergbau und Knauf berichteten über ihre erfolgreichen Investitionsprojekte in Kasachstan. Zudem wurden die umfassenden Reformen im kasachischen Rohstoffsektor hervorgehoben: Die Einführung des Prinzips „first come – first served“ bei der Lizenzvergabe, die Anwendung internationaler Berichtsstandards (KAZRC auf Basis von CRIRSCO) sowie der Einsatz digitaler Plattformen wie Minerals.Gov.kz und E-Qazyna.kz haben die Transparenz und Effizienz deutlich erhöht. Bis Ende April 2025 sind Ausschreibungen für 50 Lagerstätten geplant, davon 21 im Bereich kritischer Rohstoffe.

      Ausbau des Mittleren Korridors
      Ein weiteres zentrales Thema war der Ausbau der Transport- und Logistikinfrastruktur entlang des Mittleren Korridors, auch genannt Transkaspischer Internationaler Transportkorridor, der Zentralasien über das Kaspische Meer und den Südkaukasus mit Europa verbindet. Kasachstan nimmt in diesem Korridor eine Schlüsselposition ein. Die kontinuierliche Entwicklung dieser Route eröffnet neue Möglichkeiten für den Export raffinierter Rohstoffe und weiterverarbeiteter Produkte. Schätzungen zufolge könnte die Durchlasskapazität des Korridors bis 2030 auf 20 Millionen Tonnen steigen – eine strategische Chance für die Anbindung an europäische Lieferketten.
      Der Kazakhstan Investment Day 2025 hat das starke beiderseitige Interesse an einer intensiveren wirtschaftlichen Zusammenarbeit eindrucksvoll bestätigt. Kasachstan hat seine Position als verlässlicher Lieferant kritischer Rohstoffe und industrieller Partner Deutschlands klar unterstrichen. Die Veranstaltung markierte einen wichtigen Schritt hin zu einer vertieften industriellen Integration, zur Entwicklung nachhaltiger Wertschöpfungsketten und zu einer neuen Qualität der Partnerschaft zwischen Kasachstan und der Europäischen Union.

      Vladimir Nikitenko, Regionaldirektor für Zentralasien im Ost-Ausschuss

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      Kasachstan bekräftigte seine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Ernährungssicherheit

      Berlin, 16.-18. Januar 2025 – Die Regierungsdelegation von Kasachstan unter der Leitung des stellvertretenden Landwirtschaftsministers Ermek Kenzhekhanuly nahm am Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) und an der 16. Agrarministerkonferenz teil.


      Im Rahmen des Besuchs führte der Vizeminister fruchtbare Gespräche mit der Parlamentarischen Staatssekretärin des deutschen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft Claudia Müller und dem Parlamentarischen Staatssekretär des lettischen Landwirtschaftsministeriums Normunds Šmits.
      In den Gesprächen wurden aktuelle Fragen der Zusammenarbeit in den Bereichen Landwirtschaft, Handel und Investitionen, nachhaltige Entwicklung und Landwirtschaft, Bildung und Wissenschaft sowie weitere Perspektiven der Zusammenarbeit erörtert. Im Rahmen des Erfahrungsaustauschs wurden Themen zur Verbesserung der Politik zur Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums, zur Förderung der Modernisierung und zur Steigerung der Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion, zu Unterstützungsmaßnahmen für den Agrarsektor usw. angesprochen.


      Auf Initiative der kasachischen Seite fand das erste gemeinsame Treffen hochrangiger Vertreter der Landwirtschaftsministerien Zentralasiens und Deutschlands statt, um das Projekt zur Einrichtung des regionalen Zentrums für nachhaltige Landwirtschaft zu erörtern.


      Kenzhekhanuly nahm auch an der Podiumsdiskussion der German Agribusiness Alliance des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft zum Thema „Bioökonomie und globale Ernährungssicherheit – Herausforderungen in internationaler Perspektive“ teil.


      Darüber hinaus fanden Gespräche mit dem Präsidenten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft DLG Hubertus Petow sowie mit den Leitern der Kooperationsprojekte zwischen dem Landwirtschaftsministerium der Republik Kasachstan und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland Klaus John (Deutsch-Kasachischer Agrarpolitischer Dialog„) und Uwe Weddige (Kompetenzsteigerung im Bereich der Milchproduktion“) statt.


      Im Rahmen des Besuchs wurde ein Runder Tisch mit einer Gruppe europäischer Unternehmen aus der Agrarindustrie zum Thema „Entwicklung des Agrarsektors in Kasachstan: Investitions- und Exportmöglichkeiten“ organisiert. Der Vizeminister sprach über die von der kasachischen Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Investitionsattraktivität des Landes und über die verfügbaren staatlichen Unterstützungsmaßnahmen im Agrarbereich und bekundete sein Interesse an der Gewinnung europäischer Investitionen und Technologien für den agroindustriellen Sektor des Landes. Die Teilnehmer des Runden Tisches brachten eine Reihe von Vorschlägen für den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit mit Kasachstan vor.


      Darüber hinaus führte der Vizeminister separate Gespräche mit den Geschäftsführungen von John Deere, BVVG, Innari und weiteren deutschen Unternehmen, die an einer engen Zusammenarbeit mit Kasachstan interessiert sind.

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      Zu den ausgewählten Aktivitäten des Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew im Jahre 2024

      Kassym-Schomart Tokajew. Foto: Kasachstanskaja Prawda.

      Am 27. Dezember 2024 erschien in der Zeitung «Kasachstanskaja Prawda» ein Artikel des Pressesprechers von Präsidenten der Republik Kasachstan Kassym-Schomart Tokajew, zu den ausgewählten Aktivitäten des kasachischen Staatsoberhauptes im Jahre 2024.

      Kasachstan begann das Jahr 2024 mit positiven Veränderungen: Im Januar unterzeichnete Tokajew ein Dekret, wonach das Dorf Schetygen in Alatau City umgewandelt und ein neues urbanes Zentrum zwischen Almaty und Kunajew geschaffen wurde. Das Projekt zog das Interesse ausländischer Investoren auf sich, insbesondere während Tokajews Besuch in Singapur, wo die Integration der Agglomeration Almaty in eine freie Wirtschaftszone diskutiert wurde.

      Im Laufe des Jahres wurden Gesetzesmaßnahmen zu kritischen sozialen Fragen eingeleitet. Die Regierung verabschiedete Gesetze zur Gewährleistung der Rechte von Frauen und der Sicherheit von Kindern, zur Verschärfung des Strafmaßes für häusliche Gewalt und zur Bekämpfung des Menschenhandels. Auch die öffentliche Sicherheit wurde in den Vordergrund gestellt, indem härtere Strafen für Vandalismus festlegt wurden, Vape-Geräte wurden verboten, Initiativen zur Bekämpfung der Spielsucht wurden ergriffen.

      Das verheerende Frühjahrshochwasser in diesem Jahr hat weite Teile des Landes getroffen. Die Staatsspitze ordnete sofortige Evakuierung der Menschen an sichere Orte an und hat alle Maßnahmen für die notwendige Hilfe eingeleitet. Der Staat ist allen seinen Verpflichtungen nachgekommen und hat allen Betroffenen materielle und finanzielle Hilfe geleistet.

      Auch die Wirtschaftsreform blieb eine Priorität. Im Mai unterzeichnete das Staatsoberhaupt ein Dekret zur Liberalisierung der Wirtschaft, das sich auf die Reduzierung der Staatsbeteiligung, die Förderung des Wettbewerbs und die Senkung der Unternehmenskosten konzentriert.

      Auch in den Bereichen Transport und Logistik wurden fruchtbare Fortschritte erzielt. Der Präsident eröffnete ein Logistikzentrum in Xi’an, China. Gemeinsam mit Usbekistan wird an der Verbesserung der transafghanischen Handelsroute gearbeitet.

      Kasachstan hat Fortschritte in der Landwirtschaft und im Umweltschutz gemacht. Trotz schwerer Überschwemmungen im Frühjahr, verzeichnete das Land mit 26,7 Millionen Tonnen die größte Getreideernte seit einem Jahrzehnt. Im April mobilisierte die landesweite Umweltkampagne „Taza Kazakhstan“ 2,4 Millionen Menschen, die 900.000 Tonnen Müll sammelten und 2,5 Millionen Bäume pflanzten.

      Am 6. Oktober hat das Volk in einem landesweiten Referendum über den Bau eines Kernkraftwerks entschieden. Mehr als 71 Prozent der Wähler sprachen sich für den Bau aus, ein wichtiger Schritt in der Energiepolitik des Landes.

      Auf internationaler Ebene hatte Kasachstan den Vorsitz in sechs großen Organisationen inne, darunter der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) und der Organisation Türkischer Staaten (OTS). Das Land hielt den SOZ-Gipfel in Astana ab, bei dem 60 neue Abkommen unterzeichnet und das Partnernetzwerk erweitert wurden. Unter der Federführung Kasachstans beschloss die OTS ein einheitliches turksprachiges Alphabet. Astana organisierte zudem die 5. Weltnomadenspiele, an denen 2.500 Athleten aus 90 Ländern teilnahmen.

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      Rede des Kanzlers beim deutsch-kasachischen Wirtschaftsforum

      Anlässlich des deutsch-kasachischen Wirtschaftsforums am 16. September 2024 in Astana hielt Bundeskanzler Olaf Scholz eine Rede zu den deutsch-kasachischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Mitschrift der Rede, die unter Rede des Kanzlers beim deutsch-kasachischen Wirtschaftsforum (bundesregierung.de) veröffentlicht wurde, möchten wir an dieser Stelle dokumentieren. Es gilt das gesprochene Wort.

      Lesen Sie hier die Mitschrift der Rede:

      Sehr geehrter Herr Präsident Tokajew,
      meine Damen und Herren,

      es ist mir eine große Freude, heute zum ersten Mal als Bundeskanzler hier in Kasachstan zu sein. Unsere Länder verbinden über 30 Jahre diplomatische Beziehungen und eine noch sehr viel längere, wechselvolle Geschichte.

      Unsere Länder verbinden aber vor allem auch unzählige persönliche Bindungen, Familien- und Lebensgeschichten. Die 200 000 Bürgerinnen und Bürger deutscher Herkunft in Kasachstan und die mehr als 800 000 Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, die aus Kasachstan nach Deutschland eingewandert sind, sie bilden eine feste Brücke zwischen unseren Ländern, die wir sehr schätzen, die wir pflegen und die uns auch in Zukunft verbinden wird. Dafür arbeiten wir eng zusammen in der Kultur- und Bildungspolitik, mit der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty, mit deutschen Partnerschulen und mit vielfältigen Austauschprogrammen.

      Natürlich ist diese enge menschliche Verbindung auch ein wichtiger zusätzlicher Motor für unsere gute wirtschaftliche Zusammenarbeit, um deren entschiedenen Ausbau es hier und heute gehen soll. Jetzt ist dafür die richtige Zeit – und zwar nicht trotz, sondern wegen der unruhigen internationalen Lage, wegen der Störungen im internationalen Handel und auch wegen der vielen globalen Herausforderungen, allen voran durch den Klimawandel. In dieser Zeit der Unsicherheit brauchen wir enge, vertrauensvolle internationale Partnerschaften über Grenzen, über kulturelle Unterschiede und auch über teilweise unterschiedliche Weltsichten hinweg. Das unterstreicht die Bedeutung unserer Beziehungen und deren Konstanz gegenüber der gesamten Region Zentralasien.

      Kasachstan nimmt darin für uns eine ganz zentrale Rolle ein. Mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt, sowohl absolut als auch pro Kopf, ist Kasachstan der größte Handelspartner Deutschlands in der Region. Dieses gestiegene Interesse unserer Unternehmen aneinander freut mich. Gleichzeitig bin ich dankbar für den vertrauensvollen Dialog zwischen uns, mit dem wir verhindern wollen, dass der Handel zwischen uns zur Umgehung von Sanktionen missbraucht wird.

      Kasachstan zieht deutsche Investoren an und bietet dafür ein günstiges Umfeld. Das wissen wir und das wissen auch deutsche Unternehmen sehr zu schätzen. Ich weiß, dass deutsche Unternehmen und ihre Produkte auch hier in Kasachstan einen guten Ruf haben Das liegt sicherlich auch daran, dass sie keinen Extraktivismus, keinen Raubbau betreiben, sondern verantwortlich handeln ‑ indem sie gute Arbeitsplätze hier vor Ort schaffen, indem sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Ausbildung schätzen und darin investieren, indem sie hohe soziale und Umweltstandards setzen und indem sie mehr Wertschöpfung auch hier vor Ort schaffen. Beide Seiten profitieren von diesem Austausch, weil wir unsere Wirtschaften so diversifizieren und widerstandsfähiger machen.

      Ein ganz konkretes Beispiel hierfür sind die Öllieferungen aus Kasachstan, die uns sehr geholfen haben, nachdem Russland als Versorger ausgefallen war. Sie waren und sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere für die Raffinerie in Schwedt, wo wir zahlreiche Arbeitsplätze erhalten konnten. Für diese wichtige Zusammenarbeit, die fortgesetzt wird, sind wir Kasachstan sehr dankbar.

      Wie umfassend die deutsch-kasachische Zusammenarbeit ist, zeigt sich an der schieren Fülle der Themen.

      Erstes Stichwort: Klimawandel. Dieser wirkt sich ganz besonders stark auf die Länder Zentralasiens aus. Deswegen arbeiten wir in der von Deutschland ins Leben gerufenen Initiative „Green Central Asia“ zusammen, um Klimarisiken zu begegnen und die Widerstandsfähigkeit der kasachischen Wirtschaft zu erhöhen.

      Der Umbau unserer Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität bringt Chancen, gerade auch für die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. Bereits heute arbeiten wir in Sachen Energiesicherheit, nachhaltigen Wirtschaftens und der Entwicklung der nötigen Infrastruktur eng zusammen.

      Hinzu kommt das Thema Wasserstoff. Das Projekt „Hyrasia One“ ist ein beeindruckendes Beispiel für die Möglichkeiten, die sich uns bieten. Es ist eines der größten Projekte für grünen Wasserstoff in der Region, mit dem Zeug dazu, ein echtes Leuchtturmprojekt für unsere Zusammenarbeit zu werden. Dass sich das deutsche Büro für Wasserstoffdiplomatie in Zentralasien für Kasachstan als Standort entschieden hat, war kein Zufall, sondern unterstreicht die wichtige Rolle, die Kasachstan hier spielt. Das Wasserstoffbüro arbeitet übrigens gerade an einer Studie zum weiteren Potenzial für die Erzeugung von grünem Wasserstoff in ganz Zentralasien. Das schafft die Basis für weitere konkrete Projekte, und ich lade sowohl staatliche Verantwortliche als auch Unternehmen in Zentralasien und Deutschland herzlich ein, sich daran zu beteiligen.

      Zweites Stichwort: Transformation. Wir schauen auf Kasachstan als wichtigen Partner, wenn es um kritische Rohstoffe geht. Gemeinsam streben wir daher an, diese auch für eine erfolgreiche Energiewende notwendigen Rohstoffe unter Einbeziehung deutscher Technologien und deutschen Know-hows zu gewinnen und stärker in den Fokus unseres wirtschaftlichen Austauschs zu stellen – und zwar so, dass mehr Wertschöpfung hier vor Ort generiert wird.

      Drittes Stichwort: Konnektivität. Wir wollen zwischen unseren Regionen enger zusammenrücken, und das heißt, die Transportwege schneller ausbauen. Im Vordergrund steht vor allem der Ausbau des mittleren Korridors. Die Europäische Global Gateway Initiative wird wichtige Infrastrukturprojekte auch in Kasachstan, einem Fokusland der Initiative, anschieben.

      Von politischer Seite aus werden wir all das weiter flankieren. Erst im vergangenen Jahr war der deutsche Bundespräsident hier. Durch meine heutige Reise möchte ich unser Interesse an noch engeren Beziehungen unterstreichen. Die deutsche Wirtschaft teilt das Interesse; das zeigt die hochrangige, breit aufgestellte Wirtschaftsdelegation, die mich begleitet. Schön, dass Sie alle dabei sind!

      Ich setze vor allem auf zwei Formate, um unsere Wirtschaftsbeziehungen weiter zu vertiefen: den Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrat und den Berliner Eurasischen Club. Beide Plattformen bieten Unternehmen die Möglichkeit, sich zu vernetzen, sich auszutauschen und gemeinsam Projekte voranzutreiben. Ich danke allen sehr, die sich dort einbringen, und ich ermutige diejenigen, die das noch nicht tun, sich das einmal anzuschauen.

      Jetzt freue ich mich sehr auf den Austausch mit Ihnen allen. Es interessiert mich, wie Sie die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern erleben und welche Ideen Sie haben.

      Schönen Dank insbesondere an die kasachische und die deutsche Wirtschaft für die Organisation dieses Forums!

      Quelle: Rede des Kanzlers beim deutsch-kasachischen Wirtschaftsforum (bundesregierung.de)

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      Ost-Ausschuss Delegation trifft 1. Vizepremierminster Roman Sklyar

      Eduard Kinsbruner

      Am 16. September fand im Rahmen des Besuches von Bundeskanzler Olaf Scholz in Kasachstan ein Treffen der deutschen Wirtschaftsvertreter mit dem1. Vizepremierminster Roman Sklyar statt. Im Mittelpunkt des traditionellen Austausches standen die konkreten Projekte der mitgereisten Wirtschaftsdelegation, unter anderem in den Bereichen Landwirtschaft, Rohstoffe, Erneuerbare Energien, Logistik und Bildung. Die 13-Köpfige Wirtschaftsdelegation, der auch die beiden stellvertretenden Ost-Ausschuss Vorsitzenden Christian Bruch (Siemens Energy) und Philipp Haußmann (Ernst Klett AG) angehören, wurde vom Parlamentarischen Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Michael Kellner geleitet.

      Runder Tisch mit Roman Sklyar in Astana. Foto: Ruslan Mazunin

      Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms moderierte die Tischrunde der Lebhaften Diskussion.

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      Bundeskanzler Olaf Scholz reist nach Zentralasien

      Eduard Kinsbruner

      Erster Wirtschaftsgipfel mit Scholz und allen zentralasiatischen Staatschefs 

      Eine Delegation unter Beteiligung des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft ist am 15. September 2024 zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz nach Usbekistan und Kasachstan aufgebrochen. Am 16. September standen in der usbekischen Metropole Samarkand Wirtschaftsgespräche unter Beteiligung des Bundeskanzlers und des usbekischen Staatspräsidenten Shavkat Mirziyoyev an. Der Ost-Ausschuss unterzeichnete dabei ein bilaterales Kooperationsabkommen mit dem usbekischen Investitionsministerium.

      Anschließend fand am gleichen Tag in Astana ein in großes Deutsch-Kasachisches Businessforum statt, an dem auch Bundeskanzler Scholz und der kasachische Staatspräsident Kasym-Jomart Tokajew teilnahmen. In der kasachischen Hauptstadt Astana kam es am 17. September als Höhepunkt der Reise erstmals zu einem Gespräch deutscher Wirtschaftsvertreter mit dem Bundeskanzler und den Präsidenten aller fünf zentralasiatischen Staaten (Z5+1). Im Rahmen der Delegationsreise stehen außerdem bilaterale Treffen mit den Staatspräsidenten von Kirgisistan, Tadschikistan und Turkmenistan auf dem Programm. Die zwölfköpfige Wirtschaftsdelegation, der auch die beiden stellvertretenden Ost-Ausschuss Vorsitzenden Christian Bruch (Siemens Energy) und Philipp Haußmann (Ernst Klett AG) angehören, wird vom Parlamentarischen Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Michael Kellner geleitet.

      „Mit seinem Besuch in Usbekistan und Kasachstan unterstreicht Bundeskanzler Scholz die wachsende Bedeutung Zentralasiens in einem veränderten geopolitischen Umfeld“, sagt der stellvertretenden Ost-Ausschuss Vorsitzende Christian Bruch. Die Begleitung durch eine hochrangige Wirtschaftsdelegation zeige zugleich, dass diese Region nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich zunehmend wichtiger für Deutschland werde. „Die Staaten in Zentralasien spielen eine entscheidende Rolle für die Energiewende“, sagt Christian Bruch. „Die Region verfügt nicht nur über wertvolle Rohstoffe, die für die Transformation unserer Energiesysteme unverzichtbar sind, sondern sie bietet auch ideale Bedingungen für die Erzeugung erneuerbarer Energie und bildet junge, motivierte Fachkräfte aus, die wir in Deutschland dringend benötigen. Deutsche Unternehmen können entscheidend dazu beitragen, dieses immense Potenzial in konkrete Projekte umzusetzen. Der Besuch des Bundeskanzlers und die engere Partnerschaft mit den zentralasiatischen Staaten sind daher ein wichtiger Schritt für die deutsche Wirtschaft.“

      Kasachstan fünftgrößter Öllieferant

      Kasachstan ist bereits heute der fünftgrößte Erdöllieferant Deutschlands und der EU. Perspektivisch kann das Land aber auch eine wichtige Rolle bei der Versorgung der europäischen Industrie mit Grünem Wasserstoff spielen. Entsprechende Projekte deutscher Unternehmen sind bereits in der Umsetzung. Umgekehrt können deutsche Technologien dazu beitragen, die Energieintensität in Zentralasien durch Investitionen in moderne Kraftwerke, energieeffiziente Industrieanlagen und Gebäude zu senken.

      Auch als Agrarproduzent und alternativer Transportweg nach Asien spielt Zentralasien eine wichtige Rolle. Gerade vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ist die globale Versorgung mit Agrarprodukten verstärkt in den Blickpunkt gerückt. „Ernährungssicherheit geht uns alle an, und sie ist ein Kernanliegen deutscher Agrarunternehmen“, sagt Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms, der ebenfalls Mitglied der Delegation ist. „Die nachhaltige Modernisierung der Landwirtschaft und die Steigerung der Ernteerträge ist für die Volkswirtschaften Zentralasiens und die Welternährung insgesamt von größter Bedeutung.“

      Bundeskanzler Olaf Scholz und Staatspräsident Kasym-Jomart Tokajew beim Business-Forum in Astana. Foto: Eduard Kinsbruner

      In Astana stand ein großes Deutsch-Kasachisches Businessforum auf der Agenda, an dem auch Bundeskanzler Scholz und Staatspräsident Toqaev

      Logistikdrehscheibe zwischen Europa und Asien

      Zentralasien ist das geographische Bindeglied zwischen der Europäischen Union (EU) und den Wachstumsmärkten in Südostasien. Der so genannte Mittlere Korridor über das Kaspische Meer und den Südkaukasus ist eine zunehmend attraktive Route, die allerdings bereits jetzt an Kapazitätsgrenzen stößt. „Die Global-Gateway-Strategie der EU kann hier einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die europäischen Transportwege zu den asiatischen Wachstumsmärkten zu diversifizieren“, sagt Michael Harms. „Generell sind die Staaten Zentralasiens mit zusammen 80 Millionen Einwohnern verlässliche Partner und interessante Zukunftsmärkte für die EU und Deutschland. Es ist daher zu begrüßen, dass die Bundesregierung die Beziehungen mit dem Z5+1-Format auf eine neue Stufe gestellt hat.“ Die Reise knüpft an den ersten Zentralasien-Gipfel in diesem Format im September 2023 in Berlin an, in dessen Rahmen der Ost-Ausschuss bereits ein Unternehmergespräch mit allen fünf zentralasiatischen Staatsoberhäuptern organisiert hatte.

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      Moody‘s honoriert die wirtschaftliche Entwicklung des zentralasiatischen Landes mit „Baa1“

      Eduard Kinsbruner

      Kasachstan bemüht sich seit geraumer Zeit, das Geschäftsklima im Land zu verbessern und durch Steuererleichterungen und den Abbau bürokratischer Hürden sowie den Ausbau von Infrastruktur und Logistik mehr ausländische Investitionen anzulocken. Offenbar mit wachsendem Erfolg, wie die jüngste Meldung der Ratingagentur Moody’s nahelegt. Die Amerikaner stuften das Emittentenrating Kasachstans von Baa2 auf Baa1 hoch. Das ist die höchste Bewertung in der Geschichte des zentralasiatischen Landes, dessen Bruttoinlandsprodukt 2023 um 5,1 Prozent wachsen soll. Kasachstan ist nun nur noch einen Schritt von einem A-Rating und damit einer „sicheren Anlage“ entfernt. Ein Baa-Rating steht für ein „durchschnittlich gutes Investment“.

      „Die Entscheidung, das Rating anzuheben, basiert auf unserer Einschätzung, dass kontinuierliche Verbesserungen des institutionellen und politischen Rahmens in Verbindung mit anhaltenden Fortschritten bei der wirtschaftlichen Diversifizierung weg von Kohlenwasserstoffen die Widerstandsfähigkeit Kasachstans gegenüber Schocks gestärkt haben und weiter stärken werden“, schreibt Moody’s. „Da der Nicht-Öl-Sektor in den letzten zehn Jahren von rund drei Vierteln auf etwa 84 Prozent der Wirtschaft gewachsen ist, erwarten wir, dass Kasachstans wirtschaftliche Abhängigkeit von Kohlenwasserstoffen deutlich abnehmen wird. Im vergangenen Jahr haben die Nicht-Öl-Sektoren weiterhin einen großen Beitrag zum Wachstum geleistet, wobei die Bereiche Digitales und Kommunikation, Transport und Fertigung besonders hervorzuheben sind.“

      Damit habe sich das Kreditprofil des Landes so verbessert, dass es mit anderen Ländern auf Baa1-Niveau vergleichbar sei, heißt es weiter. Auch der Ausblick ist positiv: „Angesichts des anhaltenden Engagements für wirtschaftliche und institutionelle Reformen erwarten wir, dass diese Verbesserungen nachhaltig sind und die Kreditresilienz weiter zunimmt“, heißt es in der Mitteilung.

      Risiken vor dem Hintergrund der regionalen Geopolitik und möglicher Sekundärsanktionen als Folge des russischen Krieges gegen die Ukraine bleiben jedoch bestehen. Kasachstan ist in letzter Zeit immer wieder als Zwischenhändler in die Schlagzeilen geraten, über den westliche Unternehmen die Sanktionen gegen Russland umgehen können. So haben sich die deutschen Exporte nach Russland im Jahr 2022 in etwa halbiert. Nach Kasachstan hingegen verdoppeln sich die Exporte im gleichen Zeitraum. Dennoch bewertet Moody’s den Ausblick als „stabil“.

      Für Investoren dürfte der größte Binnenstaat der Welt durch die Heraufstufung von Moody’s als Investitionsziel noch etwas interessanter geworden sein.

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      15. Sitzung des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrats in Berlin

      Andreas Metz

      Am 28. August kamen mehr als 150 Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter aus Kasachstan und Deutschland im Haus der Deutschen Wirtschaft zur 15. Sitzung des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrats zusammen. Der große Andrang gibt Anlass zur Hoffnung, dass sich die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen spürbar beleben. Das Treffen diente auch der Vorbereitung des für September anstehenden Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz in Astana.

      Roman Sklyar ist für viele deutsche Unternehmen, die sich mit Zentralasien beschäftigen, ein guter Bekannter: Der Erste Stellvertretende Ministerpräsident der Republik Kasachstan leitet seit rund fünf Jahren höchstpersönlich eine Arbeitsgruppe zur Entwicklung der Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsbeziehungen. Außer Deutschland bietet Kasachstan keinem anderen Land der Welt eine derart hochrangige und intensive Betreuung an, was die besondere Wertschätzung in Astana und Almaty für deutsche Technologie eindrucksvoll unterstreicht. Unermüdlich reist Sklyar immer wieder nach Deutschland oder steht in Online-Meetings direkt für Fragen von Mitgliedsunternehmen des Ost-Ausschusses bereit. Und wenn es einmal klemmt, übernimmt er persönlich Verantwortung und stellt pragmatische Lösungen in Aussicht. So auch anlässlich der 15. Sitzung des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrats, die Sklyar zusammen mit dem deutschen Co-Vorsitzenden – Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms – eröffnete.

      Organisiert wurde das Treffen im Haus der Deutschen Wirtschaft durch den Ost-Ausschuss, dessen Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser ebenfalls nach Berlin gereist war, um die hochrangige kasachische Delegation zu begrüßen. Diese bestand neben Sklyar aus vier Vizeministern, den Leitern kasachischer Wirtschaftsförderungsgesellschaften sowie zahlreichen Vertretern kasachischer Unternehmen.

      Die Ost-Ausschuss-Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser begrüßte die Teilnehmer der 15. Sitzung des Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrats

      750 deutsche Unternehmen im Land

      Die jüngsten Investitionszahlen sprechen dafür, dass sich die deutsch-kasachischen Wirtschaftsbeziehungen tatsächlich beleben. Alibek Kuantyrov, Stellvertretender Minister für auswärtige Angelegenheiten, gab in hervorragendem Deutsch einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen. Demnach seien die deutschen Direktinvestitionen zuletzt auf Jahressicht um 60 Prozent angestiegen. Zwischen 2015 und 2023 seien insgesamt 6,7 Milliarden Dollar von deutscher Seite investiert worden. Die kasachische Regierung zählt aktuell 750 deutsche Unternehmen mit 15.000 Beschäftigten im Land, 66 Projekte mit deutscher Beteiligung seien aktuell in der Entwicklung. Das Treffen des Wirtschaftsrates diente dazu, die Zahl der Projekte weiter zu erhöhen. So kam es am Ende der zweistündigen Tagung denn auch zur Unterzeichnung einer Reihe von Absichtserklärungen.

      Besonders interessant für die bilaterale Zusammenarbeit seien die Bereiche Energie, Rohstoffe, Land- und Wasserwirtschaft, wie der kasachische Botschafter in Berlin, Nurlan Onzhanov, betonte. „Kasachstan kann eine wichtige Rolle für die Diversifizierungsziele Deutschlands spielen“, verwies Onzhanov einmal mehr auf die riesigen und vielfältigen Rohstoffressourcen des neuntgrößten Staates der Erde.

      Neben deutschen Investitionen beispielsweise in die Förderung von Rohstoffen und den Ausbau grüner Energie erhofft sich Kasachstan aus Deutschland Produktionsanlagen zur Veredelung der eigenen Rohstoffe, die dann günstig nach Deutschland und in die EU geliefert werden könnten. Bislang aber bewegen sich die deutschen Direktinvestitionen in Kasachstan zu 90 Prozent in Nicht-Rohstoffsektoren. Ost-Ausschuss-Präsidiumsmitglied Edna Schöne, Vorstand von Euler Hermes, gehört zu denjenigen, die sich hier von deutschen Unternehmen ein größeres Engagement erhoffen, um einseitige Abhängigkeiten Deutschlands auf dem Weltmarkt beim Rohstoffbezug mit Hilfe von Kasachstan zu verringern. Schöne nahm zusammen mit Niko Warbanoff, CEO der DB ECO Group und Zentralasien-Sprecher des Ost-Ausschusses, und drei Vertretern der kasachischen Delegation an einer Gesprächsrunde teil, die von Ost-Ausschuss-Zentralasien-Direktor Eduard Kinsbruner moderiert wurde.

      Botschafter Onzhanov, 1. Vize-Premier Sklyar und die Ost-Ausschuss-Vorsitzende (v.l.n.r) bei der 15. Sitzung des Wirtschaftsrates Foto: Christian Himmighoffen


      „Kasachstan hat ein riesiges Potenzial. Wir haben jetzt eine einmalige Gelegenheit, ein Win-Win zu schaffen,“ betonte Schöne. Dies sei auch der Grund, warum sich Euler Hermes in den vergangenen zwei Jahren mit keinem anderen Land so intensiv beschäftigt habe und inzwischen auch Exportkedite in der lokalen Währung Tenge absichere, auch wenn dies wegen der erschwerten Konvertierbarkeit immer noch mit Problemen verbunden sei. Bei derartigen Finanzierungsfragen weiterzukommen ist Auftrag einer deutsch-kasachischen Arbeitsgruppe für Projektfinanzierungen, die anlässlich des Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 2023 in Kasachstan gegründet wurde und der Schöne angehört.

      Weiterentwicklung des Mittleren Korridors

      Zu den To-Dos gehört auch die Weiterentwicklung des Mittleren Korridors aus Richtung China über Kasachstan und das Kaspische Meer weiter Richtung Europa: Seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat sich das Frachtaufkommen auf dieser Strecke auf 1,5 Millionen Tonnen verdreifacht, wie Logistikexperte Warbanoff bestätigte. Allerdings liefen die Warenströme aufgrund fehlender Infrastruktur bislang noch nicht optimal. Roman Sklyar bleibt aber auch hier optimistisch, setzt auf weitere Partnerschaften mit Deutschland und der EU, und verweist auf die rasante Entwicklung der kasachischen Infrastruktur in den vergangenen Jahrzehnten. „Wir haben hier eine große Zukunft vor uns“, so der Premierminister. Die kasachische Regierung geht davon aus, dass das Potenzial des Logistikkorridors in wenigen Jahren auf über zehn Millionen Tonnen wachsen wird.

      In Kürze schon geht auch der Reigen hochrangiger, bilateraler Treffen weiter: So diente die Berliner 15. Sitzung des Wirtschaftsrats auch der Vorbereitung einer von Bundeskanzler Olaf Scholz für September geplanten Reise nach Kasachstan und Usbekistan, bei der ebenfalls Wirtschaftsthemen im Mittelpunkt stehen sollen. Der Ost-Ausschuss wird an der dazugehörigen deutschen Wirtschaftsdelegation hochrangig beteiligt sein.

      Andreas Metz
      Leiter Public Affairs im Ost-Ausschuss

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