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Rede des Kanzlers beim deutsch-kasachischen Wirtschaftsforum

Anlässlich des deutsch-kasachischen Wirtschaftsforums am 16. September 2024 in Astana hielt Bundeskanzler Olaf Scholz eine Rede zu den deutsch-kasachischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Mitschrift der Rede, die unter Rede des Kanzlers beim deutsch-kasachischen Wirtschaftsforum (bundesregierung.de) veröffentlicht wurde, möchten wir an dieser Stelle dokumentieren. Es gilt das gesprochene Wort.

Lesen Sie hier die Mitschrift der Rede:

Sehr geehrter Herr Präsident Tokajew,
meine Damen und Herren,

es ist mir eine große Freude, heute zum ersten Mal als Bundeskanzler hier in Kasachstan zu sein. Unsere Länder verbinden über 30 Jahre diplomatische Beziehungen und eine noch sehr viel längere, wechselvolle Geschichte.

Unsere Länder verbinden aber vor allem auch unzählige persönliche Bindungen, Familien- und Lebensgeschichten. Die 200 000 Bürgerinnen und Bürger deutscher Herkunft in Kasachstan und die mehr als 800 000 Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, die aus Kasachstan nach Deutschland eingewandert sind, sie bilden eine feste Brücke zwischen unseren Ländern, die wir sehr schätzen, die wir pflegen und die uns auch in Zukunft verbinden wird. Dafür arbeiten wir eng zusammen in der Kultur- und Bildungspolitik, mit der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty, mit deutschen Partnerschulen und mit vielfältigen Austauschprogrammen.

Natürlich ist diese enge menschliche Verbindung auch ein wichtiger zusätzlicher Motor für unsere gute wirtschaftliche Zusammenarbeit, um deren entschiedenen Ausbau es hier und heute gehen soll. Jetzt ist dafür die richtige Zeit – und zwar nicht trotz, sondern wegen der unruhigen internationalen Lage, wegen der Störungen im internationalen Handel und auch wegen der vielen globalen Herausforderungen, allen voran durch den Klimawandel. In dieser Zeit der Unsicherheit brauchen wir enge, vertrauensvolle internationale Partnerschaften über Grenzen, über kulturelle Unterschiede und auch über teilweise unterschiedliche Weltsichten hinweg. Das unterstreicht die Bedeutung unserer Beziehungen und deren Konstanz gegenüber der gesamten Region Zentralasien.

Kasachstan nimmt darin für uns eine ganz zentrale Rolle ein. Mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt, sowohl absolut als auch pro Kopf, ist Kasachstan der größte Handelspartner Deutschlands in der Region. Dieses gestiegene Interesse unserer Unternehmen aneinander freut mich. Gleichzeitig bin ich dankbar für den vertrauensvollen Dialog zwischen uns, mit dem wir verhindern wollen, dass der Handel zwischen uns zur Umgehung von Sanktionen missbraucht wird.

Kasachstan zieht deutsche Investoren an und bietet dafür ein günstiges Umfeld. Das wissen wir und das wissen auch deutsche Unternehmen sehr zu schätzen. Ich weiß, dass deutsche Unternehmen und ihre Produkte auch hier in Kasachstan einen guten Ruf haben Das liegt sicherlich auch daran, dass sie keinen Extraktivismus, keinen Raubbau betreiben, sondern verantwortlich handeln ‑ indem sie gute Arbeitsplätze hier vor Ort schaffen, indem sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deren Ausbildung schätzen und darin investieren, indem sie hohe soziale und Umweltstandards setzen und indem sie mehr Wertschöpfung auch hier vor Ort schaffen. Beide Seiten profitieren von diesem Austausch, weil wir unsere Wirtschaften so diversifizieren und widerstandsfähiger machen.

Ein ganz konkretes Beispiel hierfür sind die Öllieferungen aus Kasachstan, die uns sehr geholfen haben, nachdem Russland als Versorger ausgefallen war. Sie waren und sind von entscheidender Bedeutung, insbesondere für die Raffinerie in Schwedt, wo wir zahlreiche Arbeitsplätze erhalten konnten. Für diese wichtige Zusammenarbeit, die fortgesetzt wird, sind wir Kasachstan sehr dankbar.

Wie umfassend die deutsch-kasachische Zusammenarbeit ist, zeigt sich an der schieren Fülle der Themen.

Erstes Stichwort: Klimawandel. Dieser wirkt sich ganz besonders stark auf die Länder Zentralasiens aus. Deswegen arbeiten wir in der von Deutschland ins Leben gerufenen Initiative „Green Central Asia“ zusammen, um Klimarisiken zu begegnen und die Widerstandsfähigkeit der kasachischen Wirtschaft zu erhöhen.

Der Umbau unserer Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität bringt Chancen, gerade auch für die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. Bereits heute arbeiten wir in Sachen Energiesicherheit, nachhaltigen Wirtschaftens und der Entwicklung der nötigen Infrastruktur eng zusammen.

Hinzu kommt das Thema Wasserstoff. Das Projekt „Hyrasia One“ ist ein beeindruckendes Beispiel für die Möglichkeiten, die sich uns bieten. Es ist eines der größten Projekte für grünen Wasserstoff in der Region, mit dem Zeug dazu, ein echtes Leuchtturmprojekt für unsere Zusammenarbeit zu werden. Dass sich das deutsche Büro für Wasserstoffdiplomatie in Zentralasien für Kasachstan als Standort entschieden hat, war kein Zufall, sondern unterstreicht die wichtige Rolle, die Kasachstan hier spielt. Das Wasserstoffbüro arbeitet übrigens gerade an einer Studie zum weiteren Potenzial für die Erzeugung von grünem Wasserstoff in ganz Zentralasien. Das schafft die Basis für weitere konkrete Projekte, und ich lade sowohl staatliche Verantwortliche als auch Unternehmen in Zentralasien und Deutschland herzlich ein, sich daran zu beteiligen.

Zweites Stichwort: Transformation. Wir schauen auf Kasachstan als wichtigen Partner, wenn es um kritische Rohstoffe geht. Gemeinsam streben wir daher an, diese auch für eine erfolgreiche Energiewende notwendigen Rohstoffe unter Einbeziehung deutscher Technologien und deutschen Know-hows zu gewinnen und stärker in den Fokus unseres wirtschaftlichen Austauschs zu stellen – und zwar so, dass mehr Wertschöpfung hier vor Ort generiert wird.

Drittes Stichwort: Konnektivität. Wir wollen zwischen unseren Regionen enger zusammenrücken, und das heißt, die Transportwege schneller ausbauen. Im Vordergrund steht vor allem der Ausbau des mittleren Korridors. Die Europäische Global Gateway Initiative wird wichtige Infrastrukturprojekte auch in Kasachstan, einem Fokusland der Initiative, anschieben.

Von politischer Seite aus werden wir all das weiter flankieren. Erst im vergangenen Jahr war der deutsche Bundespräsident hier. Durch meine heutige Reise möchte ich unser Interesse an noch engeren Beziehungen unterstreichen. Die deutsche Wirtschaft teilt das Interesse; das zeigt die hochrangige, breit aufgestellte Wirtschaftsdelegation, die mich begleitet. Schön, dass Sie alle dabei sind!

Ich setze vor allem auf zwei Formate, um unsere Wirtschaftsbeziehungen weiter zu vertiefen: den Deutsch-Kasachischen Wirtschaftsrat und den Berliner Eurasischen Club. Beide Plattformen bieten Unternehmen die Möglichkeit, sich zu vernetzen, sich auszutauschen und gemeinsam Projekte voranzutreiben. Ich danke allen sehr, die sich dort einbringen, und ich ermutige diejenigen, die das noch nicht tun, sich das einmal anzuschauen.

Jetzt freue ich mich sehr auf den Austausch mit Ihnen allen. Es interessiert mich, wie Sie die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern erleben und welche Ideen Sie haben.

Schönen Dank insbesondere an die kasachische und die deutsche Wirtschaft für die Organisation dieses Forums!

Quelle: Rede des Kanzlers beim deutsch-kasachischen Wirtschaftsforum (bundesregierung.de)

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Ost-Ausschuss Delegation trifft 1. Vizepremierminster Roman Sklyar

Eduard Kinsbruner

Am 16. September fand im Rahmen des Besuches von Bundeskanzler Olaf Scholz in Kasachstan ein Treffen der deutschen Wirtschaftsvertreter mit dem1. Vizepremierminster Roman Sklyar statt. Im Mittelpunkt des traditionellen Austausches standen die konkreten Projekte der mitgereisten Wirtschaftsdelegation, unter anderem in den Bereichen Landwirtschaft, Rohstoffe, Erneuerbare Energien, Logistik und Bildung. Die 13-Köpfige Wirtschaftsdelegation, der auch die beiden stellvertretenden Ost-Ausschuss Vorsitzenden Christian Bruch (Siemens Energy) und Philipp Haußmann (Ernst Klett AG) angehören, wurde vom Parlamentarischen Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Michael Kellner geleitet.

Runder Tisch mit Roman Sklyar in Astana. Foto: Ruslan Mazunin

Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms moderierte die Tischrunde der Lebhaften Diskussion.

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Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hält jährliche Rede zur Lage der Nation

Eduard Kinsbruner

In seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation an das kasachische Volk mit dem Titel „Ein gerechtes Kasachstan: Recht und Ordnung, Wirtschaftswachstum, öffentlicher Optimismus“ hat der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew am 2. September weitreichende Maßnahmen zur Entwicklung und Modernisierung der kasachischen Wirtschaft, Infrastruktur und Energieversorgung des Landes sowie seiner Gesellschaft angekündigt.

Dabei forderte Tokajew die Regierung auf, den Anteil mittelständischer Unternehmen an der Wirtschaft bis 2029 auf 15 Prozent zu erhöhen. Heute liegt dieser Anteil bei rund 7 Prozent. Ein Ziel sei es, Investitionen in den agroindustriellen Komplex zu lenken. Die wichtigste Aufgabe sei ein schrittweiser Übergang von der direkten Subventionierung des Agrarsektors zur Bereitstellung bezahlbarer Kredite. Alle zugewiesenen Mittel müssten effektiv eingesetzt werden, forderte der kasachische Präsident in seiner Rede.

Fortschritte soll es auch in der Energiepolitik des Landes geben. Bis Ende des Jahres soll ein nationales Projekt zur Modernisierung des Energie- und Versorgungssektors verabschiedet werden. In diesem Zusammenhang kündigte Präsident Tokajew an, dass am 6. Oktober in Kasachstan ein Referendum über den Bau eines neuen Atomkraftwerks stattfinden wird. In seiner Rede betonte Tokajew, dass das Land angesichts der weltweit fortschreitenden Erschöpfung verlässlicher Versorgungsquellen dringend neue saubere Energiequellen entwickeln müsse, allen voran die Kernenergie. „In den 200 am weitesten entwickelten Ländern der Welt gibt es mehr als 30 neue Projekte zum Bau von Kernkraftwerken“, betonte der kasachische Präsident.

In seiner Rede ging Tokajew auf den auch in Kasachstan herrschenden Fachkräftemangel ein. Die Versorgung der Wirtschaft mit qualifiziertem Personal müsse die vordringlichste Aufgabe sein. Dazu müsse der akute Fachkräftemangel in der Industrie, insbesondere im Bau- und Wassersektor, bei Energietechnikern und in vielen anderen Bereichen überwunden werden. Dazu internationalisiert die Regierung die Hochschulbildung und konnte bisher 23 renommierte ausländische Universitäten mit Niederlassungen im Land ansiedeln, um die Ausbildung von Fachkräften deutlich zu erhöhen. Der Präsident hat das Jahr 2025 zum Jahr der Berufe erklärt. In diesem Jahr solle eine Reform des Systems der technischen und beruflichen Bildung auf den Weg gebracht werden, so Tokajew.

In seiner Rede zur Lage der Nation betonte Präsident Tokajew auch die Notwendigkeit, die Förderung einheimischer Rohstoffe und Komponenten zu maximieren und die damit verbundenen Industrien rund um die Großunternehmen zu einem entsprechenden wirtschaftlichen Ökosystem zu entwickeln und durch umfassende Infrastrukturprojekte, etwa in den Bereichen Logistik und Energieversorgung, zu flankieren, was insbesondere eine Einladung an deutsche und europäische Unternehmen darstellt, sich stärker in dem zentralasiatischen Land zu engagieren.

Auch bei der weiteren Digitalisierung des Landes geht Kasachstan neue Wege. So werde der neuntgrößte Staat der Welt bis zum kommenden Jahr ein nationales Zentrum für Künstliche Intelligenz (KI) in der kasachischen Hauptstadt einrichten, kündigte der Präsident an. Das Zentrum soll Schülern, Studenten, Forschern und Unternehmern offenstehen.

„Kasachstan muss seine Errungenschaften im Bereich der Digitalisierung konsolidieren. Wir müssen Technologien der künstlichen Intelligenz in die elektronische Regierungsplattform integrieren. Kasachstan sollte eine führende Rolle bei der breiten Einführung von KI und der Entwicklung digitaler Technologien spielen. Dies ist eine vorrangige Aufgabe für die Regierung und ich fordere die Abgeordneten auf, diese Initiative zu unterstützen“, fügte er hinzu.

In seiner Rede unterstrich Tokajew die Bedeutung des Projekts zur Verlegung einer Glasfaser-Kommunikationsleitung durch das Kaspische Meer, das 2025 fertiggestellt werden soll. Dies sei ein entscheidendes Projekt für Kasachstan, das für die Schaffung einer robusten digitalen Infrastruktur zur Unterstützung internationaler Korridore und grenzüberschreitender Datenströme unerlässlich sei.

Abschließend betonte der Präsident den gesellschaftlichen Zusammenhalt Kasachstans und dass sprachliche, religiöse, ethnische und rassistische Diskriminierung keinen Platz im Land und in der Gesellschaft haben dürfen. „Offenheit und Toleranz sind seit jeher charakteristisch für unsere Nation und bilden vor allem die Grundlage für Einheit und Einigkeit – die wichtigsten Werte unserer Nation“, so Präsident Tokajew.

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