Global Gateway unter neuen Vorzeichen – Möglichkeiten für gemeinsame Projekte
Aktuelle Aspekte der Zusammenarbeit zwischen Kasachstan und der Europäischen Union in den Bereichen Verkehr und Logistik sowie soziale Modernisierung in Kasachstan wurden auf der 35. Sitzung des Berliner Eurasischen Klubs im Herzen der EU – Brüssel diskutiert.
Organisiert wurde die Veranstaltung vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und den Botschaften von Kasachstan in der Bundesrepublik Deutschland und im Königreich Belgien. Das Treffen fand in Form von zwei Panelsitzungen zu den Themen „Global Gateway – Chancen für gemeinsame Projekte in neuen Realitäten“ und „Kasachstans Sozialreformagenda: Blick aus Europa“ statt.
In der Eröffnungssitzung unterstrich Roman Vassilenko, Stellvertretender Außenminister Kasachstans, die Rolle des Berliner Eurasischen Klubs als eine wichtige Expertenplattform für die Erörterung spezifischer Fragen der vielschichtigen Zusammenarbeit zwischen Kasachstan und der EU und informierte die Sitzungsteilnehmer über die Fortschritte der von Staatspräsidenten Tokajew eingeleiteten umfassenden politischen Modernisierung in unserem Land, die darauf abzielt, das gesamte Modell der staatlichen Verwaltung umzugestalten, die Beteiligung der Bürger an politischen Prozessen zu erhöhen und die Mechanismen zum Schutz der Menschenrechte zu stärken. Darüber hinaus betonte er das Interesse Astanas an der Entwicklung zusätzlicher Routen für den Gütertransport zwischen Europa und Asien, einschließlich des so genannten „Mittleren Korridors“. „Wir sehen ein gegenseitiges ernsthaftes Interesse unserer europäischen Partner an einer Stärkung der für beide Seiten vorteilhaften Beziehungen und freuen uns auf eine produktive Zusammenarbeit zur Erreichung unserer gemeinsamen Ziele“, unterstrich der kasachische Diplomat.
Der Botschafter Kasachstans in Deutschland Nurlan Onzhanov, betonte, dass sich das BEK-Format in den zehn Jahren seines Bestehens als effektive Plattform für den informellen Dialog zwischen Regierungsbehörden, Unternehmen und Experten aus Kasachstan, Deutschland und anderen europäischen Ländern etabliert hat. Angesichts der hohen Dynamik des Handels und des Wirtschaftsumsatzes mit den europäischen Partnern ist Kasachstan an einer erfolgreichen Umsetzung von Projekten im Rahmen des EU-Global Gateway-Programms interessiert, das dazu beitragen könnte, die Transport- und Logistikkapazitäten aller Beteiligten zu stärken und für beide Seiten vorteilhafte Ergebnisse nach dem „Win-Win“-Prinzip zu erzielen, sagte der kasachische Botschafter.
Peteris Ustubs, Direktor für den Nahen Osten, Asien und Pazifik in der Generaldirektion Internationale Partnerschaften (DG INTPA) wies darauf hin, dass die verschiedenen Aspekte der wirtschaftlichen Entwicklung, der Umweltsicherheit, der digitalen Technologien und der Sozialpolitik in den einzelnen Staaten eng miteinander verknüpft sind, unter anderem durch kontinuierliche Investitionen und Innovationen in den Bereichen Gesundheit und Bildung. In diesem Zusammenhang ist die EU bereit, eine umfassende Zusammenarbeit mit den zentralasiatischen Staaten, einschließlich Kasachstan, in Fragen von gemeinsamen Interessen fortzusetzen.
Michael Siebert, Exekutivdirektor für Russland, Östliche Partnerschaft, Zentralasien, regionale Zusammenarbeit und OSZE, EEAS, unterstrich die Bedeutung einer weiteren wirksamen Umsetzung des Abkommens über die verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Kasachstan und der EU. Er unterstrich die Unterstützung der EU für den umfassenden Reformprozess in Kasachstan und verwies auf die positive Dynamik der politischen Kontakte und der Interaktion bei der Umsetzung konkreter Projekte, die auf die Entwicklung von Verkehrs-, Logistik- und anderen Verbindungen zwischen Kasachstan und der EU abzielen.
Die Teilnehmer der Sitzung erörterten die Aussichten für die Umsetzung der EU-Initiative Global Gateway zur Entwicklung der Verkehrs- und Logistikinfrastruktur in Zentraleurasien, die auf eine Steigerung des Handelsumsatzes zwischen Kasachstan, den zentralasiatischen Ländern und China sowie den EU-Ländern abzielt.
Almaz Idyryssov, Vize-Minister für Industrie und Infrastrukturentwicklung der Republik Kasachstan, informierte die Teilnehmer über die Entwicklungsstrategie des Transitpotenzials Kasachstans, die Modernisierung der Infrastruktur zur Intensivierung des Handels mit internationalen einschließlich europäischen Partnern.
Anuar Akhmetzhanov, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Kazakhstan Temir Zholy (Kasachischer Eisenbahngesellschaft) wies seinerseits auf die aktuelle Entwicklung der kasachischen Eisenbahnindustrie und die vielversprechenden Möglichkeiten einer verstärkten Zusammenarbeit mit der EU in diesem Bereich hin.
Deutsche Unternehmer sehen auch Entwicklungsperspektiven für die kasachisch-deutsche Zusammenarbeit beim Ausbau der Verkehrs- und Logistikinfrastruktur sowie der besonderen Rolle Kasachstans für die Region. So haben Spezialbevollmächtigter «Rhenus Group» H.Kerstgen und der Honorarkonsul der Republik Kasachstan in Hamburg, der Vorstandsvorsitzende des Logistikunternehmens „Buss Group GmbH & Co. KG ihre praktischen und fachlichen Erfahrungen sowie ihre Vorstellungen zur Herangehensweise, um bestehende Probleme zu lösen sowie Wege zur Ausbau der Kooperation den Sitzungsteilnehmern zusammengetragen.
Auf der Podiumsdiskussion mit dem Titel „Kasachstans Sozialreformagenda: Blick aus Europa“ tauschten sich angesehene Experten aus West- und Nordeuropa über die Errungenschaften und Herausforderungen bei der Umsetzung öffentlicher Maßnahmen zur Sicherung des sozialen Wohlergehens der kasachischen Bürger aus.
Thomas Helm, Vorsitzender der Deutsch-Kasachischen Gesellschaft und ehemaliger Direktor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kasachstan, wies darauf hin, dass die in Deutschland und anderen EU-Ländern gesammelten Erfahrungen bei der Umsetzung sozialer Entwicklungsstandards für Astana sehr nützlich sein könnten.
Hauptredner der Sitzung war Svante Cornell, Direktor des Instituts für Sicherheits- und Entwicklungspolitik (Stockholm), der vor kurzem einen Vortrag über Sozialreformen in Kasachstan hielt, hob eine Reihe erfolgreicher Sozialprogramme hervor, die in den Jahren der Unabhängigkeit durchgeführt wurden sowie die Fortschritte im Bildungs- und Gesundheitswesen, wobei er auf die Notwendigkeit einer gleichmäßigeren Verteilung im ganzen Land, auch in ländlichen Gebieten, hinwies. Gleichzeitig bedeute der Generationenwechsel einen grundlegenden Wandel in der Wahrnehmung der Interaktion zwischen Staat und Gesellschaft, der bei der weiteren Entwicklung und Umsetzung neuer Pakete sozialer, politischer und wirtschaftlicher Reformen in Kasachstan berücksichtigt werden müsse, unterstrich der Redner.
Der Regionaldirektor der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kasachstan und Usbekistan Christoph Mohr, betonte, dass die umfassende Transformation des Landes neue Möglichkeiten eröffnet, die Partnerschaft zwischen der Republik Kasachstan und der EU in verschiedenen Bereichen unterstützen und stärken. Seiner Ansicht nach stellen das jüngste Verfassungsreferendum und die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen wichtige erste Schritte auf dem Weg zu einem gerechten Kasachstan dar, und der vom Staatspräsidenten Tokajew geförderte Dialog zwischen Staat und Gesellschaft schafft eine solide Grundlage für weitere Veränderungen. Hindernisse auf diesem Weg gibt es zweifellos und wird es geben, aber sie sind überwindbar, meint der deutsche Experte.
Die Experten aus den Niederlanden, Norwegen und Frankreich, die an der Diskussion teilnahmen, beleuchteten ihrerseits verschiedene Aspekte der Sozialreformen in Kasachstan, die Wahrnehmung dieses Prozesses in der kasachischen Gesellschaft und in der internationalen Gemeinschaft sowie die noch nie dagewesene Komplexität des geopolitischen Kontextes für deren Umsetzung. Themen wie die Modernisierung des Energiesektors, der Übergang zur grünen Wirtschaft sowie die Auswirkungen dieser Prozesse auf den sozialen Bereich, die Problematik der einseitigen Industrialisierung der Städte, die Förderung der Beschäftigung, die Gleichstellung der Geschlechter usw. wurden ebenfalls diskutiert.
Im Allgemeinen zeigte die Diskussion ein großes konstruktives Interesse der europäischen Experten an den Sozialreformen in Kasachstan. Sie waren sich einig über die Bedeutung eines für beide Seiten nützlichen Erfahrungsaustauschs in diesem Bereich, der sowohl für die Verbesserung des Lebensstandards unserer Bürger, als auch für ein besseres Verständnis der internationalen Gemeinschaft für die Transformationsprozesse in Kasachstan und die weitere Annäherung zwischen der Republik Kasachstan und den EU-Ländern von Bedeutung ist. Die Teilnehmer der Veranstaltung wiesen auf die Notwendigkeit hin, diese Diskussionen fortzusetzen und gemeinsame Forschungsprojekte zur Untersuchung der kasachischen Reformerfahrungen zu entwickeln und durchzuführen. Die Veranstaltung wurde von mehr als 70 Teilnehmern besucht, die sich aus Vertretern der staatlichen Behörden der EU-Mitgliedstaaten und der EU-Strukturen, der Wirtschaft, internationaler Organisationen und der Expertengemeinschaft zusammensetzten.