36. Sitzung des Berliner Eurasischen Klubs

Kasachstan und Deutschland – 30 Jahre verlässliche Partnerschaft: ein Blick in die Zukunft

Berliner Eurasischer Klub - 36. Sitzung - Kasachstan und Deutschland – 30 Jahre verlässliche Partnerschaft: ein Blick in die Zukunft

An der Veranstaltung nahmen über 120 Vertreter von Regierungsbehörden, Wirtschaftskreisen, internationalen Organisationen, Industrieverbänden und Experten aus der Republik Kasachstan und der Bundesrepublik Deutschland teil. Hauptredner der Eröffnungsveranstaltung waren der Außenminister der Republik Kasachstan M. Tileuberdi, der Staatsminister des Auswärtigen der Bundesrepublik Deutschland Tobias Lindner und der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz Michael Kellner.

Aus Anlass der 30-jährigen Jubiläums der deutsch-kasachischen Beziehungen wurde auf der 36. Sitzung des Berliner Eurasischen Klubs am 13. Dezember 2022 ein Blick in die Zukunft geworfen. Einig waren sich alle Teilnehmer der Veranstaltung im Berliner Hotel Waldorf Astoria, dass Kasachstan im Zuge der notwendigen Diversifizierung der deutschen Wirtschaft eine wachsende Bedeutung zukommt. Dabei sind die Zusammenarbeit im Energie- und Rohstoffsektor, die Entwicklung der Transportwege und die Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten entscheidende Stellgrößen.

Sprungbrett für deutsche Unternehmen in benachbarte Märkte

Der stellvertretende Premierminister und Außenminister Mukhtar Tileuberdi unterstrich in seiner Begrüßung den „langfristig stabilen Reformkurs“ der Regierung. „Wir haben einen Prozess der Transformation begonnen“, sagte Tileuberdi. Dazu gehörten auch demokratische Reformen wie die Sicherung der Bürgerrechte und eine unabhängige Justiz. Der Außenminister betonte die Kooperationsmöglichkeiten beider Länder bei der Energiewende und im Rohstoffsektor. Ein Ergebnis des jüngsten Besuchs von Außenministerin Annalena Baerbock im Land sei die geplante Eröffnung eines „Wasserstoffdiplomatie-Büros“ in Kasachstan. Als ein konkretes Projekt wies Tileuberdi auf das Windkraft-Projekt der deutschen Svevind Energy GmbH hin. Schon 2030 will Kasachstan die Wasserstoff-Produktion starten und mittelfristig ein Fünftel des europäischen Importbedarfs decken. Ziel seines Landes sei es generell, seine Position unter den Handelspartnern Deutschlands weiter auszubauen. „Kasachstan kann ein Sprungbrett für deutsche Unternehmen in benachbarte Märkte sein“, sagte Tileuberdi.

Dabei rennt Kasachstan in Deutschland offene Türen ein. „Kasachstan hat sich eine Schlüsselrolle in Zentralasien erarbeitet“, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt Tobias Lindner: „Wir schätzen Kasachstan als verlässlichen Partner und Richtungsgeber in der Region.“ Er lobte die Bemühungen des Ost-Ausschusses und der kasachischen Botschaft zur Stärkung der der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. „Wir suchen ein Verhältnis auf Augenhöhe“, sagte Lindner. Sein Kollege Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, betonte insbesondere den Nutzen einer Energiepartnerschaft mit dem zentralasiatischen Land. Neben der bilateralen Zusammenarbeit beim Ausbau der Erneuerbaren Energie und der Steigerung der Energieeffizienz solle das bilaterale Wasserstoffabkommen möglichst schnell umgesetzt werden. „Kasachstan ist hier unser wichtigster Partner in Zentralasien“, sagte Kellner. Dafür brauche das Land Unterstützung beim Ausbau der Exportkapazitäten, etwa seiner Häfen am Kaspischen Meer.

Verlässlicher Partner für Energiesicherheit und Dekarbonisierung

Um den Ausbau der Logistikrouten, insbesondere des Mittleren Korridors über den Kaukasus, die industrielle Kooperation und die Finanzierungsmöglichkeiten drehte sich die anschließende Podiumsdiskussion, die von Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms moderiert wurde. Kairat Kelimbetov, Governor des Astana International Financial Centers, betonte die verbindende Rolle Kasachstans innerhalb der globalen Wirtschaft zwischen Europa und China. „Wir können nicht alles ersetzen, aber wir können ein verlässlicher Partner für Energiesicherheit und Dekarbonisierung sein“, sagte Kelimbetov. Kasachstan habe gute Beziehungen zu Russland und China, wickle aber schon heute die Hälfte seines Handels mit der EU ab. Dazu komme, dass über Kasachstan 70 Prozent des Transitvolumens zwischen Europa und Asien transportiert werde, wie Yernar Zhanadil, Geschäftsführender Direktor der staatlichen Holding Samruk-Kazyna AG erläuterte. Die Eisenbahn sei unter anderem durch die fortschreitende Elektrifizierung auch Teil der Dekarbonisierungsstrategie des Landes.

Ost-Ausschuss-Präsidiumsmitglied Niko Warbanoff von der Deutschen Bahn verwies auf die wachsende Bedeutung des Mittleren Korridors und beklagte, dass noch nicht genug für die Umsetzung der Global-Gatewy-Initiative der EU getan werde. „Entscheidendes Thema sind Transportkorridore“, sagte er. „Die Belt & Road-Initiative hat uns nicht überrollt, aber es bleibt Luft für Global Gateway.“ Dabei führe an China kein Weg vorbei. „Ohne Kooperation mit China kriegen wir die Transporte nicht organisiert“, so Warbanoff. Sehr positive Erfahrungen habe die Deutsche Bahn bei der Kooperation mit der Kasachischen Eisenbahn gemacht.

Kasachstan ist geografisch in einer sehr spannenden Lage

Auf die Rolle Kasachstans im Rahmen der notwendigen Diversifizierung der deutschen Absatz- und Beschaffungsmärkte wies Ost-Ausschuss-Präsidiumsmitglied Edna Schöne von der Euler Hermes AG hin. „Diversifizierung ist das Gebot der Stunde. Kasachstan ist geografisch in einer sehr spannenden Lage“ sagte sie. „Wir haben in Deutschland die Technologien zur Modernisierung der kasachischen Wirtschaft und großes Interesse an Lieferungen aus Kasachstan.“ Eine wichtige Rolle zur Förderung des deutschen Absatzes im Land spiele für Exportkreditversicherer die Reformagenda des Präsidenten. Nachdem für Kasachstan aufgrund von offenen Schadensfällen lange keine Hermes-Deckungen verfügbar waren, beobachtet Schöne nun einen deutlichen Anstieg im kurzfristigen Handelsgeschäft als Frühindikator für größere Transaktionen. „So richtig ist es da noch nicht abgegangen“, räumte sie aber ein. „Wir stehen bereit.“

Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), unterstrich, dass das neue deutsche Geschäftsmodell auf sehr viel mehr Säulen stehen müsse. „Instrumente werden in Anspruch genommen, wenn der Markt das hergibt“, sagte er. Am Anfang steht die unternehmerische Entscheidung.“ Kasachstan werde im Zuge der Diversifizierung als Markt an Bedeutung gewinnen.

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